Santorin – Wilderei im Urlaubsparadies
Wilderei, Vogelfang und illegaler Tierhandel sind in Griechenland weit verbreitet. Besonders betroffen sind die Ägäischen Inseln, wo Wildvögel für den Teller gefangen oder in Käfigen landen und als Haustiere verkauft werden. Neben Rhodos, Thasos und Naxos ist die berühmte Urlaubsinsel Santorin – eine der Kykladeninseln – ein Brennpunkt der Wilderei in Griechenland. Wo im Sommer Kreuzfahrtschiffe die Touristen zu zehntausenden in die idyllischen Dörfer spülen, machen sich im Herbst kriminelle Wilderer breit.
Die Fänger verwenden hauptsächlich Schlagnetze, die auf einer freien Fläche zwischen toten Büschen (als Sitzwarten) platziert werden. Im Mittelpunkt der Anlage befindet sich eine Wasserstelle, die der Traditionen auch den Namen gibt. Die Einheimischen nennen die Fanganlagen „limnes“ (See auf Griechisch), die Fallensteller heißen „limnarides“. Neben der Vogeltränke werden oft auch Sämereien, Disteln und lebende Lockvögel verwendet, um überfliegende Tiere anzulocken. Die meisten dieser Lockvögel sind in Käfigen um die Fangstelle postiert, teils werden sie aber auch brutal mit einer Schnur am Boden fixiert. Auch elektronische Lockgeräte mit Vogelgesang kommen zum Einsatz. Die Fallensteller verstecken sich in kleinen Verschlägen in einigen Metern Entfernung und lösen das Netz manuell aus, wenn die gefiederte Beute eintrifft.
Eine weitere gängige Fangmethode sind kleine Käfigfallen, die mit Futter beködert oder in der Nähe von lebenden Lockvögeln aufgestellt werden, um Finken lebend zu fangen. Käfigfallen kann man in Santorin in vielen Geschäften kaufen – sie werden oft mit „Vogelzuchtbedarf“ wie Futter und Volieren angeboten.
Besonders begehrt sind Grünfinken und Stieglitze, aber auch Hänflingen, Erlenzeisigen, Girlitzen, Buch- und Bergfinken wird gezielt nachgestellt. Sie landen als „Stubenvögel“ in den Käfigen vermeintlicher Vogelliebhaber. In jeder Ortschaft auf Santorin finden sich große Mengen von Vogelkäfigen, in denen die illegal gefangenen Zugvögel zur Schau gestellt werden. Selbst Hotels und Restaurants haben keine Bedenken, sich mit den geschützten Vögeln zu schmücken. Inwiefern die Tiere auch auf dem Schwarzmarkt gehandelt werden, ist nicht bekannt. In anderen Ländern, in denen Finken begehrte Haustiere sind - zum Beispiel Malta und Italien - erzielen die Wilderer mit den Vögeln gute Preise.
Santorin ist übersät mit illegalen Schlagnetzen, in denen jeden Herbst Tausende von Zugvögeln illegal gefangen werden. Sie finden sich überall und für jeden sichtbar am Rand der Bebauung, in Gärten und in Weinbergen, an Stränden und in der Nähe berühmter touristischer Ziele. So kann man Netze ebenso an der archäologischen Stätte in Akrotiri und dem Leuchtturm finden, aber auch unweit touristischer Ziele wie die Dörfer Kamari, Fira und Pyrgos. In der offenen Landschaft fallen die Vogelfang-Einrichtungen besonders auf und können den Behörden kaum verborgen geblieben sein. Es hat den Anschein, als würden die zuständigen Stellen beide Augen zudrücken, um das illegale Treiben, das sich – wie leider so oft – den Anschein einer „alten Tradition“ gibt, nicht zu stören.
Im Herbst 2024 hat das Komitee gegen den Vogelmord einen ersten Einsatz auf der Insel organisiert. In neun Tagen hat das Team 107 aktive Fangplätze mit Netzen und Käfigfallen festgestellt. Nach unseren Meldungen an die Polizei und die Jagdbehörde wurden Mitte November 2024 die ersten drei Fallensteller auf frischer Tat erwischt. Ihre Fanggeräte und etwa 40 Finken wurden freigelassen.
Ein Video zum Komitee-Einsatz im Spätherbst 2024 finden Sie hier.