Ein zeitgemäßes Jagdgesetz für Deutschland
Das Komitee gegen den Vogelmord e.V. engagiert sich seit vielen Jahren für ein ökologisches Jagdgesetz in Deutschland. Die Freizeitjagd, wie sie derzeit gängige Praxis in deutschen Revieren ist, sehen wir kritisch. Vor allem die immer noch weit verbreitete Jagd auf Zugvögel und Beutegreifer, die Verwendung von Fallen, das Aussetzen jagdbarer Arten, die Wildfütterung und die einseitige "Hege" jagdbarer Tierarten zu Lasten einer artenreichen Landschaft halten wir für nicht mehr zeitgemäß.
Als vom Bundesumweltministerium anerkannter Naturschutzverband sind beteiligen uns an Beratungen zu Gesetzesnovellen auf Bundes- und Länderebene. Das Komitee gegen den Vogelmord hat dafür Mindestanforderungen für ein modernes Jagdgesetz formuliert - hier sind die "Top 10":
1. Keine Jagd auf Vögel
Es gibt keinen vernünftigen Grund, wildlebende Vögel zu bejagen. Angebliche Fraßschäden von Wildgänsen und einigen wenigen anderen Arten auf landwirtschaftlichen Nutzflächen können angesichts der europaweiten Überproduktion im Agrarsektor kaum als Begründung herhalten. Zudem kommt es so oft zur Verwechslung jagdbarer mit geschützten und gefährdeten Arten.
2. Schutz der Beutegreifer
Die verbliebenen Beutegreifer wie Füchse, Marder und Greifvögel dürfen nicht länger als lästige Konkurrenten verfolgt werden. Sie sind ein wertvoller Bestandteil des Ökosystems und beteiligen sich maßgeblich an der Erhaltung eines natürlichen und gesunden Tierbestandes. Der Wunsch der Jäger nach der einseitigen "Hege" von besonders beliebter Jagdbeute wie Fasanen, Hasen oder Rebhühnern darf kein Grund für die Verfolgung der Beutegreifer sein.
3. Keine Fallenjagd
In Deutschland werden jedes Jahr immer noch Zehntausende Säugertiere - vor allem Füchse und Marder - mit Fallen gefangen und getötet. Die Fanggeräte sind in ihrer Mehrzahl tierquälerisch und führen zu zahllosen Fehlfängen geschützter oder geschonter Arten. Die Anwendung und der Verkauf von mittelalterlichen Abzugeisen, Scherenfallen, Habichtfangkörben und anderen Fallen muss verboten werden.
4. Keine Wildfütterung
Die Fütterung jagdbarer Tiere behindert die natürliche Regulation, führt zu genetischer Degeneration und überhöhten Wildbeständen. Die Folge sind Schäden in der Land- und Forstwirtschaft. Ein nicht unerheblicher Teil der deutschen Jagdstrecke könnte vermieden werden, wenn die "Jagdbeute" nicht gemästet werden würde.
5. Kurze Jagdzeiten
Während der Zug- und Rastzeit nordischer Vögel, der Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeit der heimischen Tiere muss die Jagd wegen der damit einhergehenden Störungen völlig unterbleiben. Eine Regelung wie bislang, die die Jagd an jedem Tag im Jahr erlaubt, ist nicht zielführend, sondern nutzt nur den Bedürfnissen der Freizeitjagd.
6. Keine Aussetzungen jagdbarer Tierarten
In Deutschland werden nach wie vor zehntausende gezüchtete Fasane und Enten ausgesetzt, um sie später auf der Jagd zu erlegen. Diese Praxis führt zu einer weiteren Faunenverfälschung, birgt Konfliktpotenzial mit Beutegreifern und ist zudem auch moralisch inakzeptabel.
7. Keine Jagd mit Schrot und Blei
Die Verwendung von Schrotmunition gehört verboten. Bei jedem Schuss werden hunderte von Kugel abgefeuert, die die Tiere oft nur verletzen ("anschroten"), aber nicht töten. Die Schrote aus Blei verseuchen zudem Gewässer und Böden und führen zu Vergiftungen bei Wildtieren. Das gleiche gilt für die Verwendung von bleihaltiger Jagdmunition.
8. Verbesserte Jagdaufsicht
Deutschland hat keine funktionierende Jagdaufsicht! Das Jagdgesetz sieht vor, dass die Jäger die Einhaltung der Gesetze und damit sich selbst kontrollieren sollen. Es bedarf in Deutschland unabhängiger Jagdaufseher, die etwa nach italienischem Vorbild von Forstbehörden oder von den staatlich anerkannten Naturschutzverbänden gestellt werden könnten.
9. Jagdfreie Schutzgebiete
Naturschutzgebiete, Nationalparks und durch internationale Übereinkommen geschützte Reservate (wie z.B. EU-Vogelschutzgebiete) müssen wirkliche Rückzugs- und Ruhezonen für sämtliche wildlebende Tiere sein. Sie sind deshalb, wie das in vielen anderen europäischen Ländern schon längst der Fall ist, von der Jagd zu verschonen. Da in Deutschland kaum 4 % der Landesfläche unter Schutz stehen, ist die Einrichtung weiterer jagdfreier Ruhezonen sinnvoll.
10. Jagdscheinentzug bei Wilderei
In Deutschland verliert ein Jäger, dem die gezielte Tötung einer geschützten Art oder ein Schonzeitvergehen nachgewiesen wird, nicht automatisch den Jagdschein. Nach einem Schuldspruch entscheidet die untere Jagdbehörde, ob der Jagdschein eingezogen wird, oder nicht. Wir fordern, dass bei Fällen von Schonzeitvergehen oder anderen schweren Jagdfreveln der Jagdschein automatisch auf Lebenszeit entzogen wird.