Vogelfang mit Rosshaarschlingen in den Ardennen
In den nordfranzösischen Ardennen, kaum zwei Autostunden entfernt von Aachen, standen bis zum Herbst 2020 noch eine halbe Million Rosshaarschlingen in ausgedehnten Moorwäldern. Die Fangmethode ist so perfide wie einfach: Aus dem Haar eines Pferdeschwanzes wird eine hauchfeine Schlinge gebastelt, die neben frischen Vogelbeeren postiert wird. Will ein Vogel an den Köder, gelangt er mit dem Hals in die Schlinge, erschrickt und versucht, davon zu fliegen. Die Schlinge zieht sich zu und erwürgt das Tier - der Begriff "Erdrosseln" stammt von dieser Jagdmethode, mit der hauptsächlich Drosseln gefangen werden sollen. Tatsächlich gelangen aber auch ungezählte Meisen, Rotkehlchen und Finken in die tückischen Schlingen.
Etwa zwei Drittel der Fanggeräte war in Bäumen postiert, der Rest stabd am Boden und fing als "Kollateralschaden" zahllose Mäuse, Bilche und Frösche.
Rosshaarschlingen waren einst in ganz Europa weit verbreitet, auch in Deutschland wurden mit dieser Methode noch im 19. Jahrhundert Vögel gefangen. Heute sind sie durch die Vorgaben der EU-Vogelschutzrichtlinie verboten und alle Länder halten sich daran - nur Frankreich hat sich lange Zeit dreist darüber hinweg und erlaubte den Einsatz der tierquälerischen und unselektiven Würgefallen. Jeder der 250 Vogelfänger in den Ardennen hatte die Genehmigung, 2.000 Schlingen aufzustellen.
Die jährliche Fangquote war auf 20.000 Drosseln beschränkt. Mit anderen Worten: Mit dem riesigen Aufwand durfte jeder Fänger nur 80 Vögel während der zweimonatigen Saison im Herbst fangen, also im Schnitt kaum mehr als einen Vogel pro Tag. Dass in 2.000 Schlingen sicher mehr als ein Vogel am Tag verendeten, kann man sich leicht ausmalen. Die Vorgaben der Sondergenehmigung waren reine Makulatur. Tatsächlich, so Schätzungen des Komitees, wurden in den Ardennen bis zum jahr 2020 weit mehr als 100.000 Vögel mit Rosshaarschlingen gefangen - darunter 20.000 bis 30.000 unter Naturschutz stehende Tiere.
Das Komitee gegen den Vogelmord hat bereits in den 1990er Jahren eine groß angelegte Kampagne gegen den Vogelfang in den Ardennen durchgeführt. Zehntausende Protestpostkarten wurden nach Brüssel und Paris geschickt, ein Dossier der EU-Kommission übergeben und tausende Schlingen wurden vor Ort gemeinsam mit engagierten Abgeordneten des EU-Parlamentes zerstört. Bislang ohne durchgreifenden Erfolg. Die EU-Kommission scheiterte mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof - die französischen Beamten hatten gefälschte Gutachten vorgelegt, die die Selektivität der Schlingen bestätigten!
Durch Klagen unseres Partnerverandes LPO hat der Oberste Gerichtshof den Fang von Singvögeln mit Rosshaarschlingen in den Jahren 2021 und 2022 für illegal erklärt. Doch es gibt noch keinen Grund für Entwarnung, denn die Regierung in Paris scheint weiterhin nach Tricks zu suchen, den Vogelfang erneut zu genehmigen!