Ortolanfang am Fuß der Pyrenäen
Der Ortolan ist einer der seltensten Singvögel Europas. Die Bestände der Art in Mitteleuropa schrumpfen zusehends, in Deutschland ist die Ammernart vom Aussterben bedroht. Gourmets in Frankreich legen für einen Ortolan ein kleines Vermögen auf den Tisch - der Vogel ist ein Opfer egoistischer Genussmenschen. Nach 10 Jahren unserer Aktionen geht die Wilderei aber deutlich zurück.
Westeuropäische Ortolane ziehen im Herbst bei ihrem Flug nach Afrika über Südfrankreich. Im Department Les Landes, südlich von Bordeaux, warten die Vogelfänger dann schon sehnsüchtig auf ihre Beute. In Maisfeldern versteckt haben sie kleine Fangkäfige aufgestellt, mit denen die begehrten Ammern lebendig gefangen werden. Die wenigsten Vögel wandern direkt in die Küche - sie erwartet ein Martyrium: Die Tiere werden in Käfige gesperrt und im Dunkeln gehalten, um ihren Tagesrhythmus durcheinander zu bringen. Angeblich werden manchen Ortolanen sogar die Augen ausgebrannt, um den gleichen Effekt zu erreichen. Die verwirrten Tiere beginnen, ständig zu fressen und verdoppeln binnen weniger Wochen ihr Gewicht. Als "Fettammern" werden die gemästeten Wildvögel dann regelrecht geschlachtet und an Restaurants verkauft.
Gourmets sollen von dem Geschmack des Ortolans ganz verzaubert sein. Es gehört zum Ritual, sich beim Verspeisen der Delikatesse eine Serviette über den Kopf zu legen, damit man seinen Tischnachbarn nicht mit dem glückselig verzerrten Gesicht verstört und der Genuss ein intimes Erlebnis bleibt. Zu den Freunden der selbstverständlich illegalen Kost gehören viele berühmte Persönlichkeiten, darunter der französische Politiker Allain Juppé und der verstorbene Staatspräsident Francois Mitterand. Der hatte sich Ortolane sogar als eine der letzten Mahlzeiten vor seinem Tode gewünscht - und bekommen!
Die Feinschmecker sind bereit, für einen einzelnen, in Fett und Cognac gebratenen Ortolan mehrere hundert Euro hinzublättern. Es darf nicht verwundern, dass solche Gewinnspannen zahlreiche Vogelfänger animieren. Im Südwesten Frankreichs haben sich rund 1.500 Wilderer auf den Ortolanfang spezialisiert. Bis zum Jahr 2015 wurden so zwischen 40.000 und 80.000 der seltenen Ammern jährlich gefangen, weit mehr als die gesamte mitteleuropäische Population!
Der Fang von Ortolanen ist nicht zuletzt aufgrund einer Kampagne des Komitees gegen den Vogelmord in den 1990er Jahren verboten worden. Seit Sommer 2011 sind wir in Südfrankreich aktiv, suchen Fangplätze, sammeln illegale Fallen ein und zeigen die Wilderer an.
Während in den ersten Jahren unserer Vogelschutzcamps in Les Landes die Behörden den Vogelfang weitgehend toleriert und sogar versucht haben, unsere Arbeit zu torpedieren, ist die Polizei inzwischen selbst aktiv geworden. Unsere zusammen mit dem Partnerverband LPO angelegte Kampagne hat in Paris zu einem Umdenken geführt, der Druck auf die lokalen Behörden und Politiker zeigt Wirkung.
Wenn auch die Razzien in Restaurants und Festnahmen von Vogelfängern bislang in eher kleinem Umfang stattfinden, ist doch ein Anfang getan. Die Zahl der bei unseren Einsätzen in Les Landes festgestellten aktiven Fangstellen ist seither um mehr als 90 % zurück gegangen!
NDR-Beitrag über den Ortolanfang in Frankreich
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Der NDR hat uns bei einem Vogelschutzcamp in Frankreich begleitet und diesen eindrucksvollen halbstündigen Bericht über unsere Arbeit gegen den illegalen Ortolanfang veröffentlicht.