Trophäenjagd und Selfies
Im Libanon nimmt die Selbstdarstellung in den Sozialen Medien teils groteske Züge an. Libanesische Wilderer posieren gerne mit ihrer Beute, je größer und bunter, desto besser offenbar. Oft werden die Tiere auf den Motorhauben von Geländewagen drapiert und abgelichtet. Eine Jagd – so hat es den Anschein – ist erst wirklich gelungen, wenn das Trophäenfoto bei Instagram, TikTok oder Facebook möglichst viele Likes erhält.
Das Komitee gegen den Vogelmord hat im Jahr 2013 eine Auswertung von insgesamt 700 solcher Trophäenfotos durchgeführt. Von den insgesamt 13.100 abgebildeten Vögeln konnten 11.200 bestimmt werden. Das Spektrum umfasst 140 Arten – von Singvögeln wie Ortolanen, Pirolen und Gartenrotschwänzen über Rauch- und Uferschwalben, Bienenfressern, Mauer- und Alpenseglern bis hin zu Weißstörchen, Rosapelikanen, Schreiadlern, Rotfußfalken oder Mönchsgeiern.
Viele der Fotos sind zusätzlich verstörend, weil die geschossenen Tiere zum Teil noch leben, Kinder mit ihnen posieren oder weil den Vögeln Sonnenbrillen angelegt oder Zigaretten in den Schnabel gesteckt wurden. Sie sind ein Spiegelbild des Tierschutzverständnisses in der libanesischen Gesellschaft und zeigen auf eine sehr anschauliche Weise, wieviel Arbeit noch vor uns liegt.
Auch die Arglosigkeit, mit denen die Wilderer teils sich selbst oder ihre Fahrzeuge samt lesbarem Kennzeichen zusammen mit illegal geschossenen Tieren oder auch verbotenen Kriegswaffen (z.B. Schnellfeuerwaffen wie Kalaschnikows) ablichten, lässt den Betrachter oft ratlos zurück. Die Täter sind sich offenbar vielfach keiner Schuld bewusst oder halten Gesetze für überflüssiges Papierwerk. Ein Verständnis für rechtsstaatliche Ordnung – ohne die ein nachhaltiger Fortschritt bei den Zuständen der Jagd gar nicht vorstellbar ist – fehlt weitgehend.
Mit einem ungewöhnlichen Schachzug tritt der Staat diesem Unwesen entgegen: Das 2017 verabschiedete neue Jagdgesetz verbietet – weltweit einzigartig – ausdrücklich das Posieren mit geschossenen Vögeln vor der Kamera. Diese Regelung könnte dazu führen, dass die Jagd auf besonders große oder bunte Vögel (und damit oft den besonders seltenen und gefährdeten Arten wie Adlern oder Geiern) ein wenig ihren Reiz verliert.
Ein Teil der illegal geschossene n Tiere landet auch als Präparate in Trophäensammlungen – mit dem Ausstopfen von Greifvögeln, Störchen, und anderen Großvögeln oder besonders bunten Arten lässt sich im Libanon viel Geld verdienen.