Ein Nest im Kornfeld
Komiteeprojekt zum Schutz der bedrohten Wiesen- und Rohrweihen im Rheinland
Wenn im Frühling die aus Afrika heimkehrenden Wiesen- und Rohrweihen den Schrothagel der maltesischen Jäger hinter sich gelassen haben und ihr mitteleuropäisches Brutgebiet anfliegen, bietet sich ihnen ein – aus ihrer Sicht – phantastisches Bild: Baumlose Grasflächen bis an den Horizont, kniehoch und etwas lückig, dazu Mäuse im Überfluss. Perfekte Bedingungen für einen bodenbrütenden Greifvogel. Doch was die Weihen für einladende Wiesen halten, sind die Getreideäcker unserer Kulturlandschaft und wenn die Küken schlüpfen, laufen die Mähdrescher schon warm.
Ausgerechnet die Wintergerste hat es den in Deutschland stark gefährdeten Greifvögeln besonders angetan. Die zeitig im Herbst keimende Getreidesorte hat im Frühling mit etwa 30 cm gerade die rechte Höhe und zieht die Weihen magisch an. Mitte bis Ende Mai legt das Weibchen bis zu 6 Eier in ein schlichtes Nest aus Strohhalmen. Nach einer Brutdauer von etwa 30 Tagen und einer Aufzuchtzeit von weiteren 28 bis 33 Tagen können die Jungen Mitte Juli ausfliegen. Haben die Vögel ihre Eier früh gelegt, und die Gerste reift durchschnittlich schnell, fällt der Mähtermin zeitlich nach dem Ausflug der Tiere und die Jungweihen entgehen dem Mähdrescher. Ist das Frühjahr aber warm und sonnig wird bereits im Juni geerntet und es besteht die Gefahr, dass die Nester zerstört und die Jungen getötet werden. Das Problem sind dabei neue Getreidesorten, die darauf getrimmt sind, immer früher zu reifen - was durch die steigenden Temperaturen im Rahmen des Klimawandels noch verstärkt wird.
Wiesenweihen waren im letzten Jahrhundert in Deutschland fast ausgestorben. Weihenschutz-Projekte in ganz Deutschland - vor allem in in Bayern (Raum Würzburg/Franken), Nordrhein-Westfalen (Hellwegbörde/Soest) und Niedersachsen (Ostfriesland) - haben den eleganten Fliegern wieder auf die Beine geholfen – heute brüten in ganz Deutschland wieder etwas mehr als 300 Paare. Die Rohrweihe ist noch etwas häufiger. Sie brütet gerne in Schilfröhricht, kann sich aber auch der „Anziehungskraft“ frischgrüner Gestefeldern nicht entziehen.
Gemeinsam mit ortsansässigen Vogelkundlern, der Kreisgruppe Bonn des Naturschutzbundes Deutschland (NABU Bonn) sowie den Biologischen Stationen der Kreise Euskirchen, Düren und Bonn/Rhein-Erft versucht das Komitee deshalb seit 2006, alle Brutplätze in der Börde zwischen Köln und Aachen noch vor der Mahd ausfindig zu machen. Die Landwirte sind sehr kooperativ, so dass um die gefundenen Nester Schutzzonen von 25 x 25 Meter eingerichtet werden können. Meist bauen wir einen Elektro-Weidezaun um das Nest auf, um Füchse, Hunde und Marder von der Brut fernzuhalten. Die Bewirtschafter erhalten eine Entschädigung für ihre Mehrkosten und etwaige Ernteausfälle. Die Finanzierung erfolgt über die zuständigen Naturschutzbehörden oder das Komitee gegen den Vogelmord.
Auf diese Art und Weise sichern wir in jedem Jahr bis zu 15 Weihennester - darunter sämtliche Wiesenweihen, die heute noch im Rheinland brüten!
Elektrozaun als Prädationschutz um eine Weihenschutzzone
Kennzeichnung eines Weihennestes
Rohrweihenküken einer Gesternfeldbrut