Großvögel als Statussymbole
Insbesondere große Zugvögel wie Adler, Geier, Störche und Pelikane, die bei der Jagd angeschossen wurden und überlebt haben, landen im Libanon als Haustiere oder Ausstellungsobjekte bei Privatpersonen, in Vogelsammlungen oder zweifelhaften Zoos. Dort gelten sie mithin als Statussymbole. Aber auch andere Großvögel wie Kraniche oder Pelikane haben einen beträchtlichen „Liebhaberkreis“ im ganzen Land. Die Haltungsbedingungen sind oftmals tierquälerisch und brutal: Adlerbussarde und Wanderfalken, die in viel zu kleinen Käfigen gehalten werden, Schlangenadler, die mitten in der Stadt auf Autodächern angebunden sind oder Schreiadler, denen die Flügel abgetrennt wurden – unsere Teams haben nahezu jede denkbare Haltungssituation dokumentiert.
Betroffen sind Vögel, die auf dem Weg in ihre Brut- oder Überwinterungsgebiete gezielt abgeschossen werden. Ein Großteil der Tiere überlebt den Kugelhagel nicht - wer es aber dennoch schafft, landet als lebendiges Ausstellungsstück in Menschenhänden. Insbesondere im Frühjahr, wenn diese Tiere auf dem Rückweg in ihre Brutgebiete sind, bedeutet der Abschuss fast immer das Ende ihrer Reise und ist gleichbedeutend mit einem Brutpaar weniger in den Brutgebieten. Bei besonders gefährdeten Arten wie dem Schreiadler oder kleinen Populationen zählt jedes Individuum.
Während unserer Einsätze im Libanon konnten Komitee-Teams in diesen Haltungen bereits zahlreiche Arten identifizieren, die in ihren Brutgebieten im Fokus des Natur- und Artenschutzes stehen. Kraniche, Weißstörche, Rosapelikane, Wespenbussarde, Gänsegeier, Schmutzgeier, Baumfalken, Schrei- und Schlangenadler sind nur einige Beispiele von illegal aus der Natur entnommenen Vögeln, die auf diesem Wege in die Käfige und Volieren geraten sind. Viele dieser Vögel weisen schwerste Verletzungen auf, die ohne vernünftige Behandlung nicht richtig ausheilen können.
In einzelnen Fällen ist es uns bereits gelungen, solche Vögel aus illegalen Haltungen zu befreien und, sofern ihr Gesundheitszustand es erlaubte, wieder auszuwildern. Im Jahr 2022 wurden beispielsweise drei ausgewachsene Schmutzgeier, die von Mitarbeitenden des Komitees und seiner libanesischen Partnerverbände aus einem Privatzoo im Süden des Libanon befreit wurden, nach Prag gebracht, weil sie aufgrund falsch verheilter Verletzungen nicht mehr auswilderungsfähig waren. Dort entwickeln sie sich im Rahmen eines internationalen Erhaltungszuchtprogramms für die global bedrohte Art prächtig.