Komitee-Aktionen in Belgien 1977 - 1993
Belgien ist 1977 das erste Land gewesen, in dem das Komitee gegen den Vogelmord Vogelschutzeinsätze durchgeführt hat. Bis in die 1990er Jahre war der Fang von Finken mit Netzen in der Wallonie entgegen EU-Recht erlaubt, in den Ebenen Flanderns wurden Stare illegal mit riesigen Schlagnetzen gefangen. Während die Finken für den Heimtiermarkt gefangen wurden, landeten die Stare in der Küche.
Das Komitee hatte in dieser Zeit seinen Vereinssitz in Hamburg, die aktivste Gruppe befand sich aber in Aachen und damit unmittelbar an der belgischen Grenze. Die ersten Fangstellen waren kaum 20 Minuten von der Aachener Innenstadt entfernt. Vor allem im zum Teil deutschsprachigen Ostbelgien war der Finkenfang entgegen EU-Recht verbreitet. In jedem Herbst waren die Weiden rund um Malmedy, Eupen und Verviers vollgestellt mit Fanganlagen. Mit einer Kombination aus konkreten Einsätzen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und Protestaktionen hat das Komitee zusammen mit seinem belgischen Partnerverband Ligue Royal pour la Protection des Oiseaux (LRBPO)/Vogelbescherming Flaanderen auf ein Verbot des Vogelfangs hingearbeitet.
Einen ersten Erfolg erzielten wir 1988 mit der Erklärung der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, aus dem grenzüberschreitenden Projekt "Deutsch-Belgischer Naturpark Hohes Venn" auszusteigen, wenn Belgien nicht wenigstens innerhalb des Parks den Vogelfang verbietet. Belgien gab dem Druck nach und verbannte die Vogelfänger aus der Grenzregion. Da die belgische Polizei sich weigerte, gegen die Fänger, die sich nicht an den Platzverweis hielten, vorzugehen, legten Komitee-Mitarbeiter bei Wochenendeinsätzen regelmäßig die illegalen Fangstellen still. Die Aktionen an der Grenze hatten bisweilen den Charakter eines Scharmützels und fanden ein großes mediales Echo in der deutschen und belgischen Presse. In der Öffentlichkeit besonders erfolgreich waren die "Vogelbefreiungsfeste", die die LRBPO jeden Frühling mit bei unseren Einsätzen sichergestellten und in Wildtierauffangzentren aufgepäppelten Finken veranstaltet hat.
Den Durchbruch brachte letztlich unsere erste Beschwerde bei der EU wegen Verstoßes gegen die EU-Vogelschutzrichtlinie. Der Europäische Gerichtshof verurteilte Belgien wegen fortdauernden Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht - im Jahr 1993 wurde der Finkenfang verboten. Es war der erste ganz große Erfolg des Komitees gegen den Vogelmord.
Der Starenfang im Großraum Antwerpen ist nach einigen spektakulären Aktionen, die letztlich auch die Polizei zum Einschreiten gezwungen haben, schnell zum Erliegen gekommen. Die letzte aktive Anlage wurde 1990 gefunden.
Der Vogelfang in Belgien ist heute weitgehend ausgestorben. Es gibt immer wieder Einzelfälle, die meist von Naturschutzverbänden aufgedeckt und von der Polizei verfolgt werden. Gehalten hat sich dagegen die Rolle Belgiens als Umschlagplatz für Singvögel: Bis heute werden aus Osteuropa in die EU geschmuggelte Wildvögel vielfach über belgische Tierhändler in den Schwarzmarkt geschleust.