Illegale Vermarktung jagdbarer Vogelarten
Jedes Jahr werden in Deutschland laut offizieller Statistik des Deutschen Jagdverbandes mehr als eine Million Wildvögel von Jägern erlegt. Neben dem Abschuss von gezüchteten Fasanen und Stockenten genehmigen einige Bundesländer auch weiterhin das Töten von Zugvögeln wie Waldschnepfen, Enten, Gänsen sowie von Eichelhähern, Elstern und Rabenkrähen. Werden solche Vögel bei der legalen Jagdausübung erlegt, dürfen sie von den Schützen verwertet werden, zum Beispiel für den Verzehr oder als Präparat für die Trophäensammlung. Was viele Jäger (und auch Vogelschützer) nicht wissen: Im Gegensatz zum Besitz ist der Handel mit vielen in Deutschland jagdbaren Vogelarten streng reguliert und kann unter Umständen strafbar sein. Während zum Beispiel Fasane, Graugänse und Stockenten von Jägern legal verkauft werden dürfen, bestehen für Reiherenten Höckerschwäne, Saatgänse und Eichelhäher strenge Vermarktungsverbote. Grundlage sind die Bestimmungen der Bundeswildschutzverordnung (BWildSchVO) und des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Mitarbeiter des Komitees gegen den Vogelmord überprüfen regelmäßig, ob sich Gaststätten, Wildhändler und Präparatoren an diese Bestimmungen halten. So wurden in den letzten Jahren immer wieder Restaurants von uns angezeigt, weil sie verbotenerweise Schwanenbrust oder gebratene Waldschnepfe auf der Speisekarte angeboten hatten. Weitere Fälle betrafen den illegalen Verkauf frisch geschossener Saatgänse sowie den Verkauf von Rabenvogelpräparaten.
Besonders umfangreich belegt und weit verbreitet ist der illegale Handel mit getrockneten oder tiefgefrorenen Vogelkadavern, die als sogenanntes „Schleppwild“ bei der Ausbildung von Jagdhunden eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um „Übungsmaterial“, mit denen Jäger ihre Hunde auf das Aufspüren und Apportieren geschossener Vögel trainieren. Obwohl mittlerweile künstliche Attrappen angeboten werden, wollen viele Jäger nicht auf „echtes Schleppwild“ verzichten und nehmen dafür sogar in Kauf, ihren Jagdschein zu verlieren. Denn laut Gesetz ist nicht nur Anbieten und Verkauf, sondern auch der Kauf bestimmter Arten verboten. Im Falle eines gewohnheits- oder gewerbsmäßigen Handels sieht der Gesetzgeber sogar eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Monaten vor. Im Jahr 2020 hat das Komitee gegen den Vogelmord nach monatelangen Recherchen Strafanzeige gegen insgesamt neun Unternehmen aus Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen erstattet, die bundesweit hunderte Jäger mit illegalem Schleppwild versorgt haben. Die angezeigten Firmen betreiben im Internet Seiten wie zum Beispiel „Schleppwild-Discount“, „Best Schleppwild“, „Schleppwildexpress“ oder „Schleppwild-Point“ und bieten bzw. boten dort neben Elstern und Rabenkrähen auch Eichelhäher sowie seltene Entenarten wie Spießente, Reiherente, Pfeifente und Krickente zu Schleuderpreisen an.
„Wir haben stets große Vorräte an beliebtem Schleppwild für die Jagdhundeausbildung. Alles in sehr guter Qualität. Sie wollen für einen Verein eine größere Menge bestellen? Kein Problem - wir liefern zum Wunschtermin auf Palette per Kühlfahrzeug“, so einer der angezeigten Verkäufer auf seiner Internetseite. Gegen ihn und seine insgesamt acht Mitbewerber wurden von den zuständigen Staatsanwaltschaften Strafverfahren eingeleitet. Im Interesse der Ermittler stehen dabei nicht nur die Anbieter und Verkäufer, sondern auch jeder einzelne Jäger bzw. Jagdverein, der dort in den letzten Jahren geschützte Arten als Schleppwild bestellt hat. Dabei dürfte es sich um eine dreistellige Anzahl an Personen bzw. Kunden handeln.
Haben auch Sie auf einer Speisekarte oder bei einem Präparator ein verdächtiges Vogel-Angebot entdeckt? Bitte melden Sie sich bei uns! Die Mitarbeiter unserer Geschäftsstelle prüfen jeden Fall und schalten bei Bedarf die zuständigen Behörden ein.