Nachtjagd auf Zugvögel

Viele Vögel ziehen nachts, auch weil ihnen dann kaum Feinde auflauern. Im Libanon stimmt das nicht, denn einige Wilderer gehen vor allem im Norden des Landes mit weit hörbaren elektronischen Lockanlagen und riesigen Scheinwerfern nachts auf die Jagd, um Vögel für den Kochtopf oder einfach zum Spaß zu schießen. Besonders an Wochenenden kann ein einzelner Jäger auf diese Art und Weise hunderte Vögel während einer einzigen Nacht erlegen. Zielarten der Schützen sind zur frühen Durchzugsphase im September hauptsächlich Ziegenmelker, Wachtelkönige oder Wachteln, wobei nur letztere jagdbar ist. Später im Oktober werden vor allem Waldschnepfen und Drosseln geschossen. Diese Arten werden gezielt mit den elektronischen Lockanlagen angelockt, um später im Kochtopf zu landen. Viele Vögel werden von den Wilderern aber auch einfach zurückgelassen. Meistens werden Baustrahler oder aufwendig an Geländewagen montierte Strahler genutzt, die vertikal in den Nachthimmel leuchten. Angelockt von den Gesängen fliegen die Zugvögel durch den Lichtkegel, wo auf sie das Feuer eröffnet wird.

Dabei werden nicht nur die Arten abgeschossen, die eigens mit den Lockgeräten vor die Flinten gelockt werden. Die grellen Scheinwerfer wirken wie Magneten auf nachtaktive Vögel, die ohne Rücksicht unter Beschuss geraten. Bei unseren Einsätzen im Nordlibanon finden wir regelmäßig auch Eulen wie Waldkäuze, Waldohreulen und Zwergohreulen, verschiedene Greifvögel und Reiher, Tüpfelsumpfhühner, Nachtigallen, Sprosser und weitere Singvögel als Opfer der illegalen Nachtjagd.
Die vom Komitee gegen den Vogelmord und seinen Partnerverbänden geschaffene Anti-Wilderei-Einheit führt im Libanon Schulungen über den Zugvogelschutz bei den Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden durch. Dank der verbesserten Kenntnis der Behörden gelingt es mittlerweile einzelne Täter zu überführen und so auch nach und nach gegen die Nachtjagd vorzugehen.