Sizilien: Adlerklau und Finkenhandel
Auf Sizilien beschäftigen uns gleich zwei Themenbereiche: Die Aushorstung von Habichtsadlern für Falkner und Tiersammler und der Fang und Handel von Finken für den Heimtiermarkt.
Kükenraub für Vogelsammler
Auf Sizilien brüten Italiens letzte Habichtsadler, Lannerfalken und Schmutzgeier. Die Bestände dieser Arten sind in den letzten Jahrzehnten dramatisch geschrumpft, der Schmutzgeier steht sogar knapp am Rande des Aussterbens. Vom Habichtsadler brüten gerade noch etwa 30 Paare auf Sizilien!
Der Grund für den Rückgang dieser Arten ist neben Habitatzerstörung und illegaler Jagd vor allem Aushorstungen! Skrupellose Tierhändler rauben die Nester aus, um die begehrten Vögel an Falkner, Vogelsammler und andere "Tierfreunde" für viel Geld zu verkaufen. In den letzten Jahren hat sich ein großes Netzwerk von Schmugglern etabliert, die von Sizilien aus halb Europa mit Adlern und anderen Greifvögeln bedienen.
Um dieser Besorgnis erregenden Entwicklung entgegen zu wirken, hat sich im Jahr 2012 aus verschiedenen ornithologischen Verbänden und Naturschutzvereinen die Gruppe "Coordinamento Tutela Rapaci Sicilia" gebildet. Das erklärte Ziel ist eine Überwachung aller durch Nesträuber gefährdeter Nester bedrohter Arten zu koordinieren. Die Aktion hat durchschlagenden Erfolg: Die Zahl der Aushorstungen ging drastisch zurück, der Bestand der Habichtsadler hat sich stabilisiert.
Finkenfänger und Vogelmärkte
Auf Sizilien werden immer noch Singvögel mit Schlagnetzen gefangen. Besonders begehrt sind dabei Finken wie Stieglitze, Hänflinge, Grünfinken und Kernbeißer. Die Vögel werden vor Ort an angebliche "Tierfreunde" verkauft, finden aber auch Abnehmer auf dem Festland Italiens und neuerdings auch auf Malta. Maltesische und italienische Zöllner haben schon ganze Schiffsladungen voller Finken sichergestellt, mit denen der Heimtiermarkt auf Malta bedient werden sollte.
Hauptumschlagplatz für den Finkenhandel ist der Vogelmarkt von Ballaró, gelegen im Herzen Palermos. Die engen Gassen der Hauptstadt Siziliens sind fest in der Hand des organisierten Verbrechens. Es wundert wenig, dass die Polizei in Palermo andere Probleme als den Natur- und Artenschutz hat.
Schon in den 1990er Jahren gab es Hinweise darauf, dass in Palermo jede Woche hunderte frisch gefangener Wildvögel den Besitzer wechseln. Bis heute ist Ballaró die wichtigste Absatzmöglichkeit für die Fänger aus dem sizilianischen Hinterland. Die wirklich cleveren Vogelfänger kommen aber nur mit einer Handvoll Tiere zum Markt. Für sie ist das unübersichtliche Gewirr die beste Möglichkeit, Kontakte zu Großabnehmern zu knüpfen. Oft wird in Ballarò nur das Geschäft klar gemacht - Geld und Vögel wechseln später an einem anderen Ort den Besitzer.
Die Behörden haben dem Treiben lange tatenlos zugeschaut. Das hat sich 2016 mit einer Kampagne geändert, an der auch Komitee-Mitglieder aktiv beteiligt waren. Nach einigen konkreten Hinweisen an die Behörden, die sich aus unserer Arbeit in Kalabrien ergeben hatten, gab es mehre spektakuläre Beschlagnahmungen auf Palermos Vogelmarkt. Noch ist der Vogelhandel dort nicht abgestellt, aber ein guter Anfang ist gemacht.