Singvogeljagd im Libanon
Die Singvogeljagd ist im Libanon weit verbreitet. Fast jeder lizenzierte Jäger schießt Singvögel – sie sind die mit Abstand häufigste Jagdbeute im Land. Das Jagdgesetz erlaubt den Abschuss von Sing-, Mistel- und Wacholderdrossel sowie Kalanderlerche und Buchfink, die offizielle Jagdsaison beginnt im September und endet im Januar.
Doch tatsächlich hält sich fast kaum ein Jäger an die Regelungen. Zum einen gelten Grasmücken als inoffiziell jagdbar – sie werden zu hunderttausenden und ohne jede Scheu überall geschossen und auch auf Nachfragen ohne schlechtes Gewissen vorgezeigt. Selbst lokalen Naturschützern gilt die Jagd auf Grasmücken oft nicht als erwähnenswertes Problem. Allen anderen Singvögeln wird vor allem mangelnde Artenkenntnis zum Verhängnis und meist fehlt es schlicht am Verständnis für die Schutzbedürftigkeit der nicht jagdbaren Singvogelarten. Während vielen Jägern bewusst ist, dass große Vogelarten wie Greifvögel, Störche, Reiher und Pelikane geschützt sind, halten sie kleine Vogelarten für generell jagdbar.
Auf diese Weise werden Schwalben, Schnäpper, Laubsänger, Würger und Schmätzer ebenso wie Finken, Ammern, Pieper und Stelzen zu Opfern der ganz regulären Jagd, ohne dass sich jemand einer Schuld bewusst wäre. Neben diesen Singvögeln sind auch andere kleinere Arten wie Bienenfresser, Blauracken oder Turteltauben besonders stark von der Jagd mit der Flinte betroffen. Bei unseren Recherchen zu Trophäenfotos im Internet wie auch bei den Kontrollen während der Vogelschutzcamps haben wir inzwischen mehr als 140 Singvogelarten als Jagdbeute nachgewiesen. Und es kommen stetig neue dazu.
Die Lösung des Problems liegt zunächst nicht in der Strafverfolgung. Da praktisch jeder Jäger illegal Singvögel schießt, wären Behörden und Gerichte hoffnungslos überfordert. Hier ist eine bessere Jagdausbildung ebenso wie eine allgemeine Umweltbildung gefordert - ein Projekt, das voraussichtlich Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.