Leimruten in Spanien: "Baraca" und "Parany"
Vogelfang in aller Öffentlichkeit
In den ostspanischen Regionen Katalonien und Valencia war der Vogelfang mit Leimruten noch bis 2015 weit verbreitet. Seit einer Ausweitung unserer Aktionen und unserer Lobbyarbeit für mehr Polizeipräsenz geht die Verwendung von Leim beim Vogelfang deutlich zurück!
Anders als in anderen Schwerpunkten der Wilderei in Europa verstecken sich die Täter hier nicht. Im Gegenteil: Ihre Fanganlagen sind riesige, alte Bäume, die zum Teil schon seit Jahrhunderten genutzt werden. Sie sind kilometerweit zu sehen, liegen an Hauptstraßen und in Wohngebieten, am Rande von Einkaufszentren und selbst in Sichtweite zu Polizeistationen. Vogelmord ist in Spanien eine öffentliche Angelegenheit!
Die Bäume (vor allem Johannisbrotbäume und Oliven) - in Valencia "Parany", in Katalanien "Baraca" genannt - sind über Generationen aufwändig zurecht geschnitten. In den Kronenbereich der mächtigen und ausladenden Oliven- und Johannisbrotbäumen sind kaminähnlich nach oben weisende Äste herausgearbeitet. Zwischen diesen "Fingern" werden horizontale Stöcke montiert, auf denen die Leimruten befestigt sind. Ein Gewirr von Leitern und Stegen führt in den Wipfel des Baumes, wo sich die Vogelfänger über mehrere Etagen bewegen können.
In Herbstnächten lockt Vogelgezwitscher vom Tonband ganze Schwärme nachts ziehender Zugvögel ins Verderben. Die angelockten Tiere - vor allem Drosseln, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücken und verschiedene Finken - setzen sich auf die waagerechten „Sitzgelegenheiten“, geraten mit den Flügeln an die nur locker befestigten Leimruten und fallen dann mit diesen zusammen zu Boden. Etwa dreimal in der Nacht macht der Wilderer seine Runde, sammelt die am Boden zappelnden Tiere ein oder pflückt sie aus eigens dazu unter dem Baum gespannten Netzen. Auf Vögel, die zu entkommen versuchen, schlagen die Wilderer mit teppichklopferähnlichen Geräten so lange ein, bis sie aufgeben.
Die getöteten Vögel – noch bis in die 2000er Jahre hinein um bis zu zwei Millionen im Jahr, heute noch einige tausend - landen in privaten Küchen und auf dem Schwarzmarkt. Traditionell werden sie nach landestypischer Art in Form einer Paella mit Reis und Gemüse angerichtet. Der Verkauf ist verboten, und auch in Restaurants darf das Gericht nicht angeboten werden.
Verbot der Leimruten in Spanien
Die Europäische Union hat diese Jagdmethode mit der EU-Vogelschutzrichtlinie im Jahr 1979 verboten. Noch mehr als 20 Jahre waren die Baracas und Paranys erlaubt - dann entschied der Europäische Gerichtshof, dass die Anlagen stillgelegt werden müssen. Aber erst als auch spanische Gerichte urteilten, dass der Vogelfang beendet werden müsse, wurden die grausamen Anlagen verboten. Doch getan hat sich zunächst nichts. Erst als die Regionalregierung von Valencia im Sommer 2009 den Vogelfang erneut genehmigen wollte, hat sich Unmut in der Bevölkerung und bei der EU-Kommission geregt. 2010 war der Gesetzesentwurf vom Tisch, 2011 hat das Komitee mit seinen Vogelschutzcamps in Valencia begonnen, um der Wilderei ein Ende zu bereiten.
Von den zu Beginn unserer Aktionen noch etwa 500 aktiven Parany und Baracas sind heute nur noch etwa 10 Prozent in Gebrauch. Die anderen werden weiter von den Vogelfängern gepflegt – in der wohl unberechtigten Hoffnung auf eine erneute Genehmigung des Vogelfangs in der Zukunft.
Netze statt Leim
Aber es gibt noch keinen Grund zur Entwarnung: Die Polizei bekämpft die Leimruten nicht vorrangig wegen des Vogelfangs, sondern weil der verwendete Leim als Umweltgift angesehen wird. Ihn zu verwenden ist eine Straftat.
Die Vogelfänger beginnen deswegen nach und nach, in ihren Fanganlagen kleine Netzfallen aufzustellen, die sogenannten "cestos malla". Sie sind nur eine Ordnungswidrigkeit und fallen deswegen nicht in die Zuständigkeit der Polizei. Dafür ist die notorisch unterbesetzte Jagdaufsicht zuständig – die Wilderer wittern hier ihre Chance. Das Komitee gegen den Vogelmord legt deswegen bei seinen aktuellen Einsätzen in Ostspanien großen Wert darauf, dieser Entwicklung entschieden entgegen zu treten.