Lockvogelfang auf Malta

Die Verwendung lebender Lockvögel ist in Ländern des Mittelmeerraums weit verbreitet und in der Regel erlaubt. Die Vögel werden in kleinen Käfigen - selten in Volieren - an Fang- und Jagdplätzen postiert und locken mit ihrem Gesang die wilden Artgenossen vor die Flinten der Jäger oder in die Netze und Fallen der Vogelfänger.
Auch auf Malta werden lebende Lockvögel vielfach eingesetzt. Besonders oft werden dabei Wachteln, Turteltauben, Watvögel und verschiedene Drosseln sowie Finken verwendet. Um an die begehrten Tiere zu kommen, setzen Jäger und Vogelfänger auf den Fang mit Netzen, obwohl die EU-Vogelschutzrichtlinie den Vogelfang klar untersagt und die Zucht bei fast allen Arten möglich wäre.
Über eine Ausnahmeregelung umgeht Malta das EU-weit geltende Vogelfangverbot und erlaubt in jedem Herbst den Fang von Goldregenpfeifern und Singdrosseln mit Schlagnetzen. Die Fanganlagen bestehen jeweils aus einem ebenen Platz für die beiden Netze, die nebeneinander am Boden liegen und mit großen Metallfedern auf Spannung gehalten werden. In ihrer Mitte gibt es Futter und Wasser, lebende Lockvögel sind in der Umgebung platziert. Wenn sich Vögel auf dem Platz zwischen den Netzen niederlassen, löst sie der in einem nahen Versteck wartende Vogelfänger aus. Die Netze schlagen dann über den Tieren zusammen und fangen sie lebend.

Die Probleme, die der genehmigte Vogelfang mit sich bringt, sind vielfältig: Zum einen halten sich viele Fänger nicht an die hohen Auflagen, die mit der Ausnahmegenehmigung verbunden sind. So verwenden sie zum Beispiel oft verbotene elektronische Lockanlagen, fangen mehr als das erlaubte Höchstlimit oder nehmen ihre Anlagen zu Zeiten in Betrieb, in denen sie nicht betrieben werden dürfen. So werden zum Beispiel viele der im Herbst erlaubten Goldregenpfeifer-Fangstellen im Sommer für den illegalen Fang von Watvögeln genutzt. Die Fänger, die eine Genehmigung für den Fang von Singdrosseln haben, nutzen ihre Anlagen oft für den illegalen Fang von Finken.
Dazu kommt, dass im "Fahrwasser" der genehmigten Fanganlagen viele andere Vogelfänger ihre Netze auslegen - wohlwissend, dass keiner im Gelände leicht nachvollziehen kann, wer eine Erlaubnis hat und wer nicht. Ganz abgesehen davon finden praktisch keine Kontrollen der Behörden statt, obwohl Malta sich durch die Nutzung der Ausnahmeregelungen gegenüber Brüssel dazu verpflichtet hat.

Für den Fang von Turteltauben haben die Vogelfänger eine gänzlich illegale Fangmethode im Repertoire: Sie stellen in eigens für die Jagd angepflanzten Eucalyptushainen riesige Fangkäfige auf. Diese haben Öffnungen im Dach, die ähnlich einer Reuse funktionieren: Die Tiere kommen - angelockt von lebenden Artgenossen - in das Gerät hinein, finden aber nicht mehr hinaus. Oft sehen diese Fallen wie Volieren aus und verfügen zum Teil sogar über verschließbare Fangöffnungen, was es noch schwieriger macht, sie überhaupt als Fallen zu identifizieren.
Für Wachteln, die prinzipiell wie Haushühner leicht zu züchten sind, haben die Vogelfänger verbotene Bodennetze im Einsatz. Diese werden locker über die Vegetation gelegt und mit MP3-Playern oder lebenden Lockvögeln bestückt. Die so unter die Netze gelockten Bodenvögel werden mit Jagdhunden aufgescheucht und fliegen beim Fluchtversuch von unten in die feinen Gespinste.
Das Komitee gegen den Vogelmord kontrolliert bei allen Vogelschutzcamps auf Malta die bekannten Fangstellen der Lockvogelfänger. In jedem Jahr werden dabei dutzende Netze aufgrund unserer Hinweise von der Polizei beschlagnahmt und Wilderer vor Gericht gestellt.