Kurzbericht zu den Frühlingseinsätzen 2020
Als „reisende Vogelschützer“ sind wir besonders von der COVID 19-Pandemie betroffen. Kein Einsatz im Frühling hat so stattgefunden, wie wir es ursprünglich geplant hatten. Aber wir möchten nicht jammern, sondern uns stattdessen über die Erfolge freuen, die wir trotz der widrigen Umstände erreicht haben:
März: Malta Finkenfang

Mit unserem Malta-Einsätzen hatten wir Glück im Unglück, denn ein Team war wenige Tage vor der Grenzschließung auf der Insel eingetroffen und konnte bis in den Mai ungehindert arbeiten. Vom 9. bis 31. März haben wir insgesamt 18 Fälle illegalen Vogelfangs mit Schlagnetzen dokumentieren und an die Behörden melden können, dazu kommen zwei Fälle von Wilderei mit Schusswaffen. Wegen der Coronakrise konnte die Polizei vielfach nicht ausrücken, so dass wir derzeit noch nicht wissen, wieviele der Vogelfänger überführt wurden. Das von uns erstellte Beweismaterial wird aber zu einer Reihe Strafverfahren führen.
April/Mai: Habichtsadlerschutz auf Sizilien
Der einzige Einsatz, der fast regulär stattgefunden hat, ist die Aktion zum Habichtsadlerschutz auf der italienischen Insel Sizilien. Mit Genehmigungen der Behörden konnten die Teilnehmer rund um die Naturschutzgruppe „Gruppo Tutela Rapaci“ ein halbes Dutzend Nester des vom Aussterben bedrohten Habichtsadlers überwachen. Die Vögel sind bei Tierhändlern und Tiersammlern begehrt, weil man sie nicht züchten kann. Viele Küken fielen früher deswegen Nestplünderern in die Hände - im Frühling 2020 ist kein einziges Nest ausgeraubt worden.
April: Zypern

Anders als in Italien und auf Malta, wo wir trotz der widrigen Umstände erfolgreiche Einsätze durchführen konnten, haben wir auf Zypern nur eine Minimalpräsenz organisieren können. Ein Team unseres Partners BirdLife Cyprus hat im April 2020 mit unseren Informationen Fangstellen im Famagusta-District kontrolliert und dabei einen Wilderer mit 11 Leimruten auf frischer Tat erwischt.
Nur 8 von 69 kontrollierten Stellen waren aktiv - weit weniger, als von uns befürchtet. Die Vogelfänger hatten also auch Probleme mit den behördlich verordneten Beschränkungen.
April/Mai: Malta Jagdkontrollen
Im April und Mai war ein Team des Komitees zur Jagdzeit auf Malta im Einsatz. Die durch Corona reduzierte Zahl von Mitarbeitern hat aber ganze Arbeit geleistet, denn mit 6 überführten Wilderern haben sie mehr Ergebnisse, als die gesamte maltesische Umweltpolizei zusammen (die lediglich einen Wilderer überführt hatte!). Die meisten der Täter haben auf im Frühling geschützte Turteltauben geschossen – unter ihnen befindet sich auch ein inselweit bekannter Wilderer, den wir schon lange versucht haben, vor Gericht zu bringen (ein Video dazu sehen Sie hier). Im Mai wurde auf Maltas Nachbarinsel Gozo nach unserem Hinweis ein riesiges Stellnetz sichergestellt – es war vermutlich für Turteltauben aufgestellt.
Mai: Vogelfang in Süditalien

Trotz der Ausgangssperre in Italien ist es uns gelungen, auf der süditalienischen Insel Ischia eine Aktion durchzuführen, ohne selbst anwesend sein zu müssen. Mit konkreten Hinweisen des Komitees konnte die Polizei im Mai auf der beliebten Ferieninsel vor den Toren Neapels zwei Wilderer überführen: Ein Mann hatte Schlagfallen für Braunkehlchen aufgestellt, der zweite führte außerhalb der Jagdsaison Schrotmunition mit sich. Nach der Polizeiaktion war die illegale Frühlingsjagd auf Ischia für die laufende Saison beendet.
Mai: Aktionen in Kalabrien
Auch wenn unsaere Aktionen in Kalabrien (Süditalien) weit kürzer als geplant waren, hatten wir mit vier überführten Wilderern ein dennoch gutes Ergebnis: Ein Mann wurde bei der illegalen Frühlingsjagd erwischt, zwei Täter hatten Netze für Stieglitze aufgestellt und einer wurde mit einem illegal gehaltenen Wanderfalken erwischt.
Mai: Vogelfang im Libanon
Unser Frühlingseinsatz im Libanon konnte nicht stattfinden, aber unsere Partner SPNL und MESHC haben mehrfach im April und Mai Kontrollen durchführen können und dabei zusammen mit der Polizei eine ganze Reihe Fanganlagen stillgelegt. Insgesamt wurden 300 laufende Meter illegale Fangnetze für Singvögel wie Rohrsänger, Schnäpper und Grasmücken abgebaut, Dutzende Vögel wurden befreit.
Online-Vogelschutzcamp ORPHEUS

Im April 2020 haben wir das Projekt ORPHEUS – Online Research for Poaching Hotspots in the European Union States – gestartet. Die Teilnehmer haben dabei auf Satellitenbildern nach illegalen Schlagnetzanlagen im Osten Spaniens gesucht. Insgesamt konnten die 130 Vogelfreunde mehr als 25.000 Quadratkilometer Land absuchen. Die Ergebnisse sind noch nicht ganz ausgewertet, aber wir können schon jetzt sagen, dass mindestens 100 bislang völlig unbekannte Fangstellen gefunden wurden. Sie werden bei unserem Vogelschutzcamp im Herbst 2020 überprüft und hoffentlich wird der eine oder andere Vogelfänger überführt.
Aussicht auf die Herbsteinsätze 2020
Manche Beschränkungen zur Eindämmung der COVID 19-Epidemie werden auch im Herbst unsere Vogelschutzcamps beeinträchtigen. Vermutlich werden wir mit weniger Aktiven vor Ort sein, weil wir in den Unterkünften auf mehr Distanz achten müssen und es ist wahrscheinlich, dass die Fluggesellschaften weit weniger Flüge in die Einsatzgebiete anbieten werden. Dennoch werden wir mit unserem Hygienekonzept dafür sorgen, dass die Aktionen in Spanien, Italien, auf Malta und Zypern sowie im Libanon zumindest in kleinerem Rahmen stattfinden können. Mehr dazu lesen Sie hier.